Trumanns vier Jahreszeiten – Mit „Seasons III“ startet der Kölner Jazz-Herbst...


Der Posaunist Janning Trumann läutet den Kölner Jazz-Herbst ein. Im Rahmen seiner spannenden, vierteiligen Konzertreihe „Seasons“ schlägt er bereits das dritte Kapitel auf, für das er einmal mehr renommierte junge Musiker aus internationalen Jazz-Metropolen nach Köln bringt. Diesmal reisen der Schlagzeuger Max Andrzejewski aus Berlin sowie der Vibrafonist Lewis Wright aus London an und bilden mit Janning Trumann und Bassist David Helm ein exklusives „Arbeitsquartett“, das schöpferisch die Grenzen von Komponiertem und Improvisiertem austestet.

Dabei könnten Trumanns vier Jahreszeiten kaum weiter entfernt sein von gängigen Saison-Musikprogrammen, die diverse Naturerscheinungen klanglich nachbilden. Kalte Winterwinde, Vogelgezwitscher im Frühjahr, laue Sommernächte oder brausende Herbst-Gewitter mag der Zuhörer je nach persönlicher Assoziationslaune auch aus Trumanns energetischem Konzertformat herausspüren; ansonsten aber erforscht der innovationsfreudige junge Posaunist seine ganz eigene strukturelle Grammatik und speist die Vielfalt des musikalischen Ausdrucks aus dem mal notierten, mal spontanen Reichtum seiner komplementär wie auch kontrastierend eingesetzten Klangfarben.

Ende März, als die Tage bereits mild, die Nächte aber noch empfindlich kühl waren, gab es das erste „Seasons“-Konzert. Auch dafür verknüpfte Trumann Köln mit Berlin und London, als er den Pianisten Simon Nabatov, den Bassisten Jonas Westergaard und den Schlagzeuger James Maddren zur situativen Zusammenkunft lud. Anfang Juni strömte dann heiße Saharaluft in den aufgeheizten Stadtgarten, während im Saal nordische Töne für eine reizvolles Gegenklima sorgten: Aus Oslo waren der Pianist Eyolf Dale sowie der Bassist Per Zanussi gekommen und harmonierten auf wunderbare Weise mit Trumanns Posaunenklang, vor allem auch mit dem facettenreichen Schlagwerk des an diesem Abend besonders furios „erzählenden“ Jonas Burgwinkel.

So, wie an diesem Sommerabend kannte man Janning Trumann eigentlich noch gar nicht, und doch erschien das feine Zusammenwirken von nordischen Lyrismen und mal ungestümer, mal entspannter Jazz-Moderne als natürliches Resultat seiner instrumentalen, kompositorischen und gruppendynamischen Fähigkeiten. Auch in seinen festen Ensembles übt sich Trumann stets an der variationsfreudigen Dynamik des Gegensätzlichen. Mitunter betreibt er dabei früh- oder hochexpressionistisch anmutende Klangmalerei, bevor er sich an der nächsten Ecke unerwartet der Bebop- und Cool-Jazz-Tradition zuwendet, um diese so klug wie genüsslich bis zur Abstraktion auszuforschen.

Dabei reibt sich kompositorische Strenge an einer Spielfreude, die sich stets Luft und Lust für fabulierende Freiräume lässt. Als Trumann im Frühjahr in Bremen auf der jazzahead seine unbedingt hörenswerte Sextett-CD „Rise Beyond“ vorstellte, erläuterte er dem Publikum seine Komposition „Grünstich“. „Manchmal ist es so“, erzählte er, „dass man aufwacht, aber nicht weiß, wo man ist, und man trägt grüne Hosen, macht sich auf den Nachhauseweg und findet am Ende doch seinen Weg.“ Eine solch sympathisch-skurrile Moderation hat durchaus ihren programmatischen Hintersinn: Trumann, geboren 1990, studierte Jazzposaune an der Hochschule für Musik und Tanz Köln und der New York University, ist in Köln kulturpolitisch engagiert, fungiert als Sprecher der Kölner Jazzkonferenz, betreibt sein eigenes CD-Label Tangible Music und ist bei alldem auch ein leidenschaftlicher (Ensemble-)Musiker – ein in der Tat bemerkenswert breit aufgestellter Weg, den man erst einmal finden muss.

Trumanns nuancierte Posaunensprache setzt immer wieder auch markante Akzente im Zusammenspiel mit dem Vibrafonisten Dierk Peters. Nun kommt es aktuell bei „Seasons III“ zur Begegnung mit einem weiteren Vibrafon-Talent: Lewis Wright, der im letzten Jahr seine Debüt-CD „Duets“ (mit Pianist Kit Downes) vorlegte, könnte ein anderes, betont perkussives Element in den Abend einbringen und besonders mit Schlagzeuger Max Andrzejewski, einem aktiven Bestandteil der Berliner Jazz-Szene, kongenial interagieren. Trumann jedenfalls ist voller Vorfreude – und denkt zugleich auch schon ans vierte „Seasons“-Konzert im Winter (am 4.11.). Dafür wird er die Latte noch ein Stück höher legen: Wenn er auf den furiosen New Yorker Gitarristen Brandon Seabrook, den jungen Salzburger Pianisten Elias Stemeseder und das Kreativkraftwerk Christian Lillinger am Schlagzeug trifft, könnte es der dann vielleicht gefallene erste Schnee schwer haben, nicht zu schmelzen.

Ein Text von Horst Peter Koll

Janning Trumann SEASONS – Part III London/Berlin 
Loft, 31.8., 20.30 Uhr